In der beruflichen Betrachtung, in seiner Arbeit als Sportjournalist, war Thomas Hain ein Mann mit zwei Gesichtern. Am Rande des Wettkampfs, über den er gerade berichtete, kam er eher hektisch, manchmal sogar etwas desorientiert scheinend daher. Doch wenn das Erlebte dann in die Berichterstattung eingeflossen war, dann war davon nichts mehr zu spüren. Überaus lesenswert und genauso kenntnisreich wie stilsicher stand das Geschehene anschließend im Blatt. In der Regel in der Wetzlarer Neuen Zeitung (WNZ), für die Hain über Jahrzehnte tätig war. Vor wenigen Tagen ist er kurz vor Erreichen seines 65. Geburtstags gestorben.
Der (mittel)hessische Sportjournalismus verliert damit einen seiner profiliertesten Schreiber. „Die Storys, die er verfasste, waren unfassbar gut. Informativ und unterhaltsam zugleich.“ So bringt es ein Kollege in seiner persönlichen Würdigung auf den Punkt. Und auch der Autor dieser Zeilen hat, manchmal sogar mit einem gewissen Neid, vor allem aber mit viel Respekt und Genuss, immer wieder gerne gelesen, was Thomas Hain als Berichterstatter aus dem gemeinsam erlebten Sportereignis gemacht hat.
Der bekennende Schalke-Fan berichtete in dieser unnachahmlichen Schreibe genauso über den „großen“ Sport wie Welt- und Europameisterschaften (und begleitete beispielsweise die deutschen Fußballer zur WM 2014 in Brasilien) wie über das Wettkampfgeschehen auf den „kleinen“ Fußballplätzen und Sportstätten des Verbreitungsgebiets der WNZ. Beides mit dem gleichen (großen) Interesse. Ein treuer Begleiter war er seinerzeit für die Handballerinnen des TV Lützellinden mit ihrem Trainer Jürgen „Doc“ Gerlach.
Nur ein Urteil gab es bei Thomas Hain aus persönlicher Sicht. Der begeisterte Hobby-Tennisspieler war stets ein sympathischer und kollegialer Freund. Abseits der beruflichen Aufgaben präsentierte er sich als aufgeschlossener Gesprächspartner, mit dem sich trefflich über Gott und die Welt reden ließ. Und so sind es unzählige Erinnerungen, die von gemeinsamen Terminen, ob im südrussischen Krasnodar oder in der Gießener Sporthalle Ost, aus der Erinnerung auftauchen. Und den endgültigen Abschied so schwer machen.
2018 hatte Thomas Hain bereits eine Zäsur hinnehmen müssen, als ihn bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland ein schwerer gesundheitlicher Schlag aus dem beruflichen Rhythmus riss und er das Sportgeschehen nur noch vom heimatlichen Eschenburg (bei Dillenburg) aus verfolgen konnte. Jetzt ist er ganz von uns gegangen und lässt uns mit großer Trauer zurück.
Unser Mitgefühl gilt seiner Frau Uta samt Familie.
Albert Mehl
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