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Darts: Der große Mann und sein Preis




Am Ende eines langen Abends stand eine völlig unerwartete und zugleich noble Geste. Sieger Markus Baumann nahm den Applaus der geschlagenen Teilnehmer nach dem gewonnenen Dartturnier des Vereins Frankfurter Sportpresse entgegen, doch ihm war nicht nach triumphaler Jubelpose. Dieser große, dieser starke Mann stand im Vordergrund und versuchte sich trotzdem zu verstecken. Mit schüchternen Schrittchen trat er nach vorn, den Kopf hatte er leicht zur Seite geneigt, um kleiner zu erscheinen, und nur mit Mühe hielt er die Hände unten statt vor das Gesicht. Als er sein Siegergeschenk in Empfang genommen hatte, war ihm dies sichtlich peinlich, und er wandte sich im Anschluss in zurückhaltend gesprochenen Worten an die Gemeinschaft. „Ich bin kein Mitglied des Vereins, ich bin nur als Gast hergekommen, und ich möchte, dass die Sportpresse meinen Preis zu einem anderen Anlass vergibt.“ Vizepräsident Ralf Weitbrecht versprach, diesen Wunsch in die Tat umzusetzen.


Markus Baumann war es zu peinlich, die Siegertrophäe anzunehmen. Dabei hätte niemand etwas daran gefunden, wenn er nach seinem 3:1-Finalerfolg über FAZ-Hospitant David Lindenfels den Preis behalten hätte. Durch sein offenes Bekenntnis ist Markus Baumann jetzt ein Anwärter auf die Fair-Play-Trophäe.


Verdient hätte er den Siegerpreis auch gehabt, weil es ihm gelungen war, trotz später Stunde die Konzentration noch hoch zu halten. Hatte es noch in der Begrüßung geheißen, im letzten Jahr beim zweiten Turnier im „House of Darts“ in Rodgau sei es bis 22.30 Uhr gegangen und damit sehr lange, so liefen in diesem Jahr um diese Uhrzeit erst die Halbfinals. Erst nach 23 Uhr kam es zur Siegerehrung, was für das große Teilnehmerfeld sprach, in dem zu Beginn sogar Freilose aufgrund der hohen Starteranzahl ausgegeben werden mussten.



Es sprach aber auch für spannende Matches – oder aber das mangelnde Können. Denn erstens dauerte es um ein Vielfaches länger als bei den Profis wie Phil Taylor, dessen Konterfei viele Wände schmückte, bis sich die Frankfurter Pfeilwerfer von 501 Punkten in die Nähe der Null herunter gearbeitet hatten. Doch dort angelangt, begann das Drama erst richtig, denn das Spiel konnte nur mit einem „Double“ beendet werden. Der äußere Ring noch dazu einer bestimmten Zahl musste getroffen werden, ein Raum, der aus vier Metern so klein erschien wie für Dirk Nowitzki der gegnerische Basketballkorb von der eigenen Grundlinie. Es dauerte also ein bisschen länger in den Spielen, in vielen Spielen, in fast allen Spielen.


Doch es ging ja nicht um die Geschwindigkeit. Es ging um Zeit, die man gemeinsam und mit vielen Gesprächen verbringen wollte. Und dafür waren die langen Matches ideal, denn hinter der Wurflinie wurde über den neuen Eintracht-Trainer genauso spekuliert wie über Arbeitsbedingungen in den Bundesligastadien diskutiert. Das alles ließ sich besonders locker bei einem Bierchen und Würstchen mit Kartoffelsalat tun, beides gehörte schließlich zum wohlschmeckenden Angebot des Abends. Und trug dazu bei, den langen Abend dann doch kurzweilig werden zu lassen.


Harald Strier



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