Gold mit neuer Leber - Interview mit dem Lebertransplantierten VFS-Mitglied Ulrich Bittner
- jochenguenther
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Diethelm „Didi“ Straube im Interview mit unserem Lebertransplantierten VFS-Kollegen Ulrich Bittner über Medaillen, Organspende und die WTG World Transplant Games 2025 in Dresden 2025 vom 14. bis 24. August 2025
Herr Bittner, Sie sind der bekannte Lebertransplantierte Boxpräsident der Verbände unter anderem GBU und WIBF (mit Regina Halmich) und jetzt auch Athlet bei deutschen, Europa- und Weltmeisterschaften für Transplantierte und Dialysepatienten. Wie sind Sie dazu gekommen?
Nachdem ich mich im Jahr 2020 einer Herzoperation mit einer Herzklappe und sechs Bypässen habe unterziehen müssen, wurde ich im Jahr 2021 im Universitätsklinikum Heidelberg Lebertransplantiert. Nach einer langen Phase wegen erheblicher Komplikationen musste ich Monate nach der Transplantation noch im Krankenhaus verbringen. Dabei hat mir eine Studentin, die im Krankenhaus ein Praktikum verrichtete, von TransDia Sport Deutschland erzählt, einer Organisation, die es Transplantierten oder Dialysepatienten ermöglicht, mit Sport als Rehabilitation wieder ins Leben zurückzufinden. Somit meldete ich mich noch im Jahr 2021 als Mitglied bei TransDia an und nahm bereits im Jahr 2022 an den von TransDia ausgetragenen deutschen Meisterschaften für Transplantierte und Dialysepatienten teil.
Wo, wann und in welchen zeitlichen Abständen finden die deutschen Meisterschaften für Transplantierte und Dialysepatienten statt?
Die deutschen Meisterschaften für Transplantierte und Dialysepatienten werden jährlich vom Verein TransDia Sport Deutschland e.V. organisiert. Sie finden traditionell am Wochenende von Christi Himmelfahrt statt, was in der Regel auf Ende Mai fällt. Der Austragungsort wechselt jedes Jahr, um verschiedenen Städten Deutschlands die Möglichkeit zu geben, Gastgeber zu sein.
Wie sind die Teilnahmebedingungen und wer darf daran teilnehmen?
Teilnehmen können Dialysepatienten, die seit mindestens sechs Monaten dialysepflichtig sind. Empfänger von lebenserhaltenden Transplantaten wie Niere, Leber, Herz, Lunge, Pankreas (Bauchspeicheldrüse) oder Knochenmarktransplantaten, deren Transplantation mindestens ein Jahr zurückliegt. Ebenfalls Lebendspender, deren Klinikaufenthalt mindestens sechs Monate zurückliegt. Auch internationale Teilnehmer sind im Rahmen der deutschen Meisterschaften willkommen, da diese generell offene Meisterschaften sind. Davon wird auch reger Gebrauch gemacht, so zum Beispiel gibt es ein Abkommen mit dem österreichischen Transplantiertenverband, indem die Österreicher bei den deutschen offenen Meisterschaften teilnehmen dürfen und die Deutschen im Gegenzug dafür bei den offenen österreichischen Winterspielen.
Herr Bittner, Sie haben jedes Jahr seit Ihrer Teilnahme in unterschiedlichen Disziplinen Bronze-, Silber- und Goldmedaillen für sich persönlich und dem deutschem Team errungen und sind unter anderem amtierender Europameister bei der EM in Lissabon 2024 über 200 Meter und deutscher Meister 2025 über 400 Meter Laufen in der Altersklasse M6 (60 bis 69 Jahre). Wie kam es dazu?
Ich habe mich intensiv vorbereitet wie jeder andere Athlet und Athletin auch. Mit Training, Technik, Disziplin und Fleiß war ich auf den Punkt topfit. Die Läufe waren sehr anspruchsvoll für mich, da ich teilweise wegen meiner körperlichen Einschränkung eine Gehhilfe in Anspruch nehmen musste, aber ich konnte mich dennoch durchsetzen. Für mich war das ein sportlicher Höhepunkt und ein Beweis dafür, dass auch transplantierte Athleten und Athletinnen auf hohem Leistungsniveau agieren können. Es ist Zeit, dass diese Leistungen genauso anerkannt werden wie in anderen internationalen Wettbewerben – wie etwa bei den Paralympics.
Was sind die WTG World Transplant Games genau?
Die WTG World Transplant Games sind die Weltspiele für transplantierte Athleten und Athletinnen. Sie sind ein internationaler Spitzensport-Wettkampf und wurden 1978 gegründet. Heute nehmen über 60 Nationen mit mehr als 2500 Teilnehmern und Teilnehmerinnen daran teil, also ein Großereignis, von dem die Öffentlichkeit in Deutschland bisher leider zu wenig Notiz nimmt. Dies sieht in anderen Ländern ganz anders aus, indem die öffentlichen Medien wie TV, Rundfunk, Print allgegenwärtig sind. Bei den WTG World Transplant Games werden die Sommerspiele im Zweijahresrhythmus und die Winterspiele im Vierjahresrhythmus ausgetragen. Es geht hier ums „Dabeisein“, um Sport, um Medaillen und um persönliche Bestleistungen. Wer hier antritt, ist bereits mit seiner Qualifikation ein Gewinner, so wie bei jeder Olympiade oder WM.
Welche Sportarten stehen auf dem Programm?
Alle Klassiker und Sportarten, die auch für Athleten und Athletinnen mit körperlicher Einschränkung zu bewältigen sind. Leichtathletik (diverse Laufstrecken, Gehen, Hochsprung, Wurf, Weitsprung, Staffeln), Schwimmen (Brust, Lagen-Staffel, Freistil, Rücken, Delfin), Radfahren (Zeitfahren, Straßenrennen), Tischtennis, Tennis, Badminton, Bogenschießen, Bowling, Golf, Darts, Petanque, 5-Kilometer-Lauf, Walking, Staffelwettbewerb, Mini-Marathon, Fußball „Six-a-Side-Football“. Bei den Winter Games sind vertreten: Ski alpin, Skilanglauf, Curling, Schneeschuhlauf, Eisschnelllauf. Alles mit internationalem Regelwerk, Altersklassen und teils Qualifikationen.
Wer darf bei den WTG World Transplant Games teilnehmen – und wie wird gewertet?
Teilnehmen dürfen transplantierte Athletinnen und Athleten ab 18 Jahren, bei den Europaspielen auch Dialysepatienten, die von TransDia zum Weltverband WTGF World Transplant Federation mit Sitz in Sheffield (Großbritannien) gemeldet werden. Diese Verfahrensweise gilt für alle Nationen gleichermaßen. Der jeweilige Landesverband, vergleichbar wie der DOSB, meldet zum Weltverband der Transplantierten vergleichbar wie das IOC. Es gelten standardisierte Altersklassen: M1/F1: 18 bis 19 Jahre, M2/F2: 20 bis 29 Jahre, M3/F3: 30 bis 39 Jahre, M4/F4: 40 bis 49 Jahre, M5/F5: 50 bis 59 Jahre, M6/F6: 60 bis 69 Jahre, M7/F7: 70+.
In welchen Disziplinen wollen Sie antreten, und gibt es eine Beschränkung über die Anzahl der Sportarten, an denen man teilnehmen darf?
Ja, man darf sich maximal für fünf Disziplinen registrieren. Ich habe mich für folgende Sportarten eingeschrieben: Dart, Bowling, Petanque (konnte ich 2024 bei der EM die Bronzemedaille erzielen), Leichtathletik (200 Meterlauf) und Bogenschießen, wo mich die Bogenschützen-Weltmeisterin Annette Tunn (Berlin) vorbereitet. Sie wird bei den WTG World Transplant Games 2025 in Dresden als Trainerin an meiner Seite stehen.
Gibt es einen Wunsch für Sie als Athlet beziehungsweise transplantierten Sportler im Speziellen?
Ja, ich wünsche mir, dass es eine höhere Wahrnehmung für den transplantierten Sport in der Öffentlichkeit gibt. Dazu möchte ich die Presse aufrufen, dies medienwirksam zu verbreiten. Auf jeden Fall ist es von größter Wichtigkeit, dass auch die breite Bevölkerung sich viel mehr für die Organspende öffnet. Jeder findet es im Prinzip gut, aber trotzdem erteilen viel zu wenige der Organspende eine Zustimmung. In Ländern wie Österreich oder Spanien wird man automatisch als Organspender geboren. Zurzeit ist es bei uns in Deutschland umgekehrt.
Abschließend ist bekannt geworden, dass Sie auch eine erste Walking Football-

Mannschaft für Transplantierte und Dialysepatienten ins Leben gerufen haben.
Ja, das stimmt. Es ist bekannt, dass Walking Football (Geh-Fußball) ein extrem guter Förderer für die Gesundheit besonders für Menschen mit Handicap und älteren Menschen ab 55 Jahren, nach oben keine Grenzen, ist. Diese Sportart erfährt immer mehr Beliebtheit. Daher lag es nahe, dass ich als Leiter die TransDia Walking Football-Abteilung im letzten Jahr ins Leben gerufen habe. Bei den WTG World Transplant Games wird es daher im Rahmen der Weltspiele auch ein erstes Freundschaftsspiel gegen die Walking Football-Mannschaft von Dynamo Dresden geben.
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